Die Sonne sinkt mit goldnem Strahle

Die Sonne sinkt mit goldnem Strahle

Die Sonne sinkt mit goldnem Strahle

Photo: Feld im Abendlicht (Wiesbaden-Dotzheim)
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Die Sonne sinkt mit goldnem Strahle

1.) Die Sonne sinkt mit goldnem Strahle,
Nun flimmern Berge, Tal und Au,
Und aus des Himmels Opferschale
Rinnt leise träufelnd lichter Tau.
Er netzt der Stoppeln Flimmerseide
Mit Perlenguss im Abendschein,
Und tränt um’s Haupt der Trauerweide
Im Erlenbach, im Buchenhain.

2.) Ein weißer Duft schwebt auf den Auen,
Und dämpft so sanft der Berge Gold,
Und unter seinem Niedertauen,
Wie blickt die Welt so wehmutshold!
Mit ihm sinkt Geisterfrieden nieder
Und gießet innern Balsam aus.
Was sich zerstreute, eint sich wieder
Und sammelt sich im heimschen Haus.

3.) Stumm zieht, beim Klang von Abendglocken,
Der Pflüger seinem Dörfchen zu.
Und traulich summt der Mägde Rocken, (a)
Um die Gehöfte atmet Ruh.
Die Nacht sinkt auf die kahlen Felder
Beim letzten abendlichen Glühn,
Und schauerlich durch Hain und Wälder
Fühlt man’s wie Sterbeseufzer ziehn.

4.) Du stirbst, Natur, und schmerzlich zittert
Dein Abschiedshauch durch Herz und Brust.
Denn, wie dein Blütenkleid verwittert,
So welket alle irdsche Lust.
Gebrochen wankt der Greis zum Grabe,
Schnell fällt des Jünglings Blüte ab.
Der Mutter folgt der ros’ge Knabe:
Und alle deckt das stumme Grab.

5.) Doch, wie Natur nach Winterschauern
Zum holden Dasein neu erwacht,
Und sieh! – nun schwindet Angst und Trauern,
Wenn froh die Frühlingssonne lacht:
So werd’ auch ich nicht ewig schlafen,
Und einst, wenn die Posaune klingt,
Zieht in des schönern Lenzes (b) Hafen
Mein Lebensschifflein, lichtbeschwingt.

(a) Spindel zum Aufwickeln von Garn
(b) Frühling
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Autor: Johann Wilhelm Hanne
mögl. Melodie: Wie groß ist des Allmächtgen Güte
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Christliche Harfenklänge
erschienen als zweites Buch im Werk
Bekenntnisse oder Drei Bücher vom Glauben
von J[ohann] W[ilhelm] Hanne
Verlag Carl Rümpler
Hannover, 1861
Thema: Herbstlied
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Johann Wilhelm Hanne (* 19. Dezember 1813 in Harber/Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, heute Ortsteil von Hohenhameln im Landkreis Peine in Niedersachsen; † 21. November 1889 in Hamburg-Eppendorf) war ein evangelisch-lutherischer Pfarrer und Lieddichter. Hanne studierte in Göttingen, Halle/Saale und Berlin und lebte anschließend in den Jahren zwischen 1837 und 1840 in Wolfenbüttel als Privatmann. Hieran schloss sich bis 1850 in Braunschweig eine Zeit an, in der er als Hochschullehrer arbeitete. Im Jahr 1851 trat er ins geistliche Amt, als er Pfarrer in Salzhemmendorf im Königreich Hannover wurde. Im Jahr 1861 wurde er als Professor der Theologie an die Universität Greifswald berufen und übte gleichzeitig das Amt als Pastor an St. Jakobi in Greifswald aus. Wegen seiner Beteiligung am Protestantenverein, der eine undogmatische, weltoffene Form des christlichen Glaubens vertrat, hatten er und sein Sohn Johannes (1842–1923), der seit 1874 als Pastor in Waltershausen wirkte, große Anfechtungen zu erleiden. Hanne war seit 1875 verheiratet mit Sophie, geb. Balthasar (1834–1918), einer Tochter des Gützkower Pfarrers und späteren Superintendenten Johann Carl Balthasar (1784–1853). Hanne veröffentlichte einige theologische Schriften; sein 1861 erschienenes Buch ‘Bekenntnisse oder Drei Bücher vom Glauben’ enthält auch seine eigenen geistlichen Lieder.
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *